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“Butter bei die Fische” – Das 24. Bremer Behindertenparlament hat getagt!

Unter der Leitung des diesjährigen Präsidenten Dieter Stegmann (LAGS Bremen), der Beisitzerin Christine Sacher (Elbe-Weser-Werkstätten Bremerhaven) und des Beisitzers Florian Grams (AK Selbstbestimmte Behindertenpolitik, DIE LINKE) tagte am 29. November 2018 zum 24. Mal die Bremische Bürgerschaft behinderter Menschen, das Bremer Behindertenparlament.

Rund 300 Menschen mit Beeinträchtigungen diskutierten und beschlossen insgesamt zwölf Anträge der verschiedenen Behindertenorganisationen. Zu Beginn begrüßte Christian Weber, der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, die Abgeordneten und die Gäste. Es folgten Grußworte von Jan Fries, Staatsrat bei der Senatorin für Soziales, und von Dr. Joachim Steinbrück, dem Behindertenbeauftragten des Landes Bremen.

Nach seiner Rede stellte Parlamentspräsident Dieter Stegmann den ersten Antrag vor. Dabei handelte es sich um einen Katalog mit 37 Fragen zur Politik für behinderte Menschen an die politischen Parteien, die bei der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft am 26. Mai 2019 eine Chance haben, (wieder) im Landesparlament vertreten zu sein. Das sind sogenannte Wahlprüfsteine. Dieser Antrag wurde mit sehr breiter Mehrheit beschlossen. Diese Fragen wurden an die Parteien mit Bitte um Beantwortung bis spätestens zum 28. Februar 2019 geschickt. Die Antworten werden vom Arbeitskreis Bremer Protest und der LAGS vor der Bürgerschaftswahl veröffentlicht.

Im Anschluss wurde ein Antrag der Werkstattbeschäftigten für ein “Bedingungsloses Werkstatteinkommen” nach kontroverser Diskussion ebenfalls mit großer Mehrheit beschlossen. Für die Arbeitsgemeinschaft (AG) SelbstAktiv in der SPD brachte Udo Schmidt erneut die Forderung ein, Arzt- und Behandlungspraxen wirklich konsequent barrierefrei zu gestalten. Da sei seit dem ersten Antrag im Jahr 2017 noch kein Fortschritt zu erkennen, so Udo Schmidt.

Es folgten vier weitere Anträge von SelbstAktiv, die von den Abgeordneten Rosemarie Kovac und Udo Schmidt vorgestellt und von den Abgeordneten beschlossen, BV 4 – Mehr öffentlich zugängliche behindertengerechte Toiletten (einstimmig), BV 5 – Unterkünfte für obdachlose behinderte Menschen (1 Gegenstimme), BV 6 – Beweislastumkehhr bei Asbestose (einstimmig) und BV 7 – Psychiatrischen Krisendienst absichern (einstimmig).

Die Fraktion AG Selbstbestimmte Behindertenpolitik, DIE LINKE brachte einen Antrag ein, selbstbestimmtes Wohnen außerhalb von (großen) stationären Einrichtungen stärker als bisher zu unterstützen; auch dieser Antrag wurde mit breiter Mehrheit bei wenigen Enthaltungen beschlossen. Für den Blinden- und Sehbehindertenverein stellte Oliver Müller einen Antrag vor, alle Ampeln in Bremen mit akustischen und fühlbaren Signalen für Blinde und Sehbehinderte auszustatten und diese Ampeln bei Bedarf auch schnell zu reparieren (einstimmig beschlossen). Dominik Meine von der AG SelbstAktiv der SPD Bremerhaven brachte einen Antrag auf mehr bezahlbaren barrierefreien Wohnraum ein, der auch mit großer Mehrheit beschlossen wurde.

Einstimmig unterstützten die Abgeordneten die Forderung der Werkstattbeschäftigten nach einer dauerhaften finanziellen Absicherung der Selbstvertretung und der Vertrauenspersonen in den Werkstätten, die Ronald Pawlik, der Vorsitzende des Werkstattrats der Werkstatt Bremen, mit Nachdruck vertrat. Anschließend wurden in einer Tischvorlage Nachbesserungen am Entwurf des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BremBGG) gefordert. Präsident Dieter Stegmann verlas und begründete einen entsprechenden Antrag der LAGS Bremen, der einstimmig von den Abgeordneten beschlossen wurde.

Hier alle Beschlüsse im Überblick:

BV 1: Wahlprüfsteine behinderter Menschen in Bremen und Bremerhaven zur Bürgerschaftswahl am 26. Mai 2019 – bei wenigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen
BV 2: Einführung eines bedingungslosen Werkstatteinkommens – bei wenigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen
BV 3: Barrierefreie Arzt- und Behandlungspraxen – bei einer Gegenstimme und wenigen Enthaltungen angenommen
BV 4: Mehr öffentlich zugängliche behindertengerechte Toiletten einrichten – einstimmig angenommen
BV 5: Unterkunftsmöglichkeit von schwerkranken obdachlosen Menschen sowie von obdachlosen Menschen mit Behinderungen – bei einer Gegenstimme angenommen
BV 6: Beweislastumkehr bei Asbestose – einstimmig angenommen
BV 7: Psychiatrischer Krisendienst – einstimmig angenommen
BV 8: Selbstbestimmtes Leben ermöglichen – keinen Menschen alleine lassen! – bei einigen Enthaltungen angenommen
BV 9: Barrierefreie Verkehrsampeln flächendecken realisieren – einstimmig angenommen
BV 10: Bezahlbaren barrierefreien Wohnraum schaffen – bei wenigen Gegenstimmen und wenigen Enthaltungen angenommen
BV 11: Selbstvertretung der Werkstattbeschäftigten dauerhaft finanziell sichern – einstimmig angenommen
BV 12: Überarbeitung des Bremischen Behindertengleichstellungsgesetzes – einstimmig angenommen

Nach der Pause und einer Aussprache zu aktuellen Themen beendete Präsident Dieter Stegmann die Sitzung. Wann und wo das 25. Bremer Behindertenparlament stattfinden wird, steht noch nicht fest, weil das Haus der Bremischen Bürgerschaft umgebaut wird. Das 25. Jubiläum und der 10. Jahrestag des Inkrafttretens der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK) sollen 2019 gebührend begangen werden. Darauf wies auch der Abgeordnete und ehemalige Sozialstaatsrat Horst Frehe hin. Und so freuen wir uns auf ein spannendes Jahr 2019 mit dem Jubiläum des Bremer Behindertenparlaments und der UN-Behindertenrechtskonvention.

Bericht: Gerald Wagner, Fotos: Frank Scheffka